2. Zukunftskongress für die zahnärztliche Implantologie erfolgreich

Wie sagte doch dereinst der unvergessene Kanzler Helmut Schmidt? „Wer Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen!“ Die Deutsche Gesellschaft für Implantologie sieht dies anders:

„Unsere Vision für die nächsten zwei Tage – die Darstellung der oralen Implantologie nicht wie sie ist, sondern wie sie sein wird“, mit diesem Eingangsstatement eröffnete der Kongresspräsident und Fortbildungsreferent der Deutschen Gesellschaft für zahnärztliche Implantologie e.V. (DGZI) Dr. Georg Bach am 4. Oktober den 49. Internationalen Jahreskongress der DGZI, der dieses Jahr in der Bayernmetropole München stattfand.

Dr. Georg Bach

Mit 50 Referenten und gut 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wies der Kongress eine deutliche Steigerung bei den Buchungen auf und ähnelte mit diesen Eckdaten den Kongressformaten anderer Anbieter. Dennoch unterschied er sich ganz wesentlich von diesen.

75 Table Clinics und Übertragungen von zwei Live-OPs via Internet-Stream sowie eine viel beachtete Digitale Poster-Präsentation standen am ersten Kongresstag im Fokus. Der Samstag indes stand ganz im Rahmen der Wissenschaft: Namhafte Referenten präsentierten hier zwölf wissenschaftliche Vorträge, abgerundet mit Kursen für das Praxispersonal und einer großen begleitenden aktiven Dentalausstellung mit 26 ausgesuchten Industriepartnern.

Keine Frage, sowohl inhaltlich als auch in Bezug auf den Ablauf und die Kongressstruktur beschreitet die älteste europäische Fachgesellschaft auch im 49. Jahr ihres Bestehens bewusst Neuland! Ziel dieser Modifikation ist klar eine Zukunftsorientierung, verbunden mit einer organisatorischen Modernität, inhaltlicher Attraktivität sowie einer neuen Form der Präsentation von Sichtweisen. Dass der Kongress dabei etwas kleiner als in den Vorjahren ist, wird von den Kongressmachern bewusst in Kauf genommen. „Wir freuen uns sehr über die besseren Zahlen als vergangenes Jahr in Düsseldorf, aber wir hätten auch andere Teilnehmerzahlen akzeptiert. Uns geht es hier um eine Neuausrichtung und vor allem um Qualität“, so DGZI-Vize Dr. Rolf Vollmer. Past-DGZI-Präsident Professor Dr. Herbert Deppe (München) ergänzt die Ausführungen: „Die spontanen Reaktionen unserer Kolleginnen und Kollegen und auch der Rücklauf zeigt, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben“.

Zukunftspodium

Ein erster Höhepunkt gleich zu Kongressbeginn waren drei Vorträge mit – zumindest auf der Papierform – gänzlich unterschiedlichen Ausrichtungen, welche aber in der Gesamtheit betrachtet ein klares Bild von den Zukunftsoptionen unseres Fachbereiches bzw. der gesamten Zahnheilkunde zeichneten.

Der Kongresspräsident, und seit der Mitgliederversammlung am Kongressvortag auch frischgebackene Präsident der DGZI, definierte folgendes Ziel: „Unser Kongressziel ist klar die Darstellung der Zukunft unserer Fachdisziplin – Wie wird die Implantologie in fünf oder zehn Jahren aussehen? Welche Materialien und Technologien werden relevant sein? Wie muss die implantologische Praxis aufgestellt sein, um die künftigen medizinischen und wirtschaftlichen Herausforderungen meistern zu können? Welche politischen und wirtschaftlichen Außenbedingungen wirken auf die freiberuflich tätigen Kolleginnen und Kollegen ein?“

Im Rahmen des Zukunftspodiums stellen dann ein Politiker und zwei Hochschullehrer ihre Visionen unseres Berufes vor und stellten sich anschließend der Diskussion.

Bereits die Verpflichtung des Referenten aus der Politik hatte im Vorfeld für einiges Aufsehen gesorgt – denn Dr. Gregor Gysi ergriff das Mikrofon. „Was erwarten Sie von diesem Referenten außer der Bürgerversicherung?“, so lautete z.B. der Text einer spontan versandten E-Mail eines langjährigen DGZI-Mitglieds – nach Erhalt des Programmheftes im Vorfeld. Und in der Tat – viele Positionen zwischen denen des prominenten Linken-Politikers und denen der DGZI-Verantwortlichen unterscheiden sich diametral – „Mir ist bewusst, dass ich hier kein Heimspiel habe“, so Dr. Gysi. Es gab aber auch viele Übereinstimmungen, und dies in zentralen Themenbereichen. „Ein hohes Gut ist die freiberufliche Praxis und die freie Arztwahl, dies muss bewahrt werden und es müssen auch die Honorarfragen der Zahnärzte und Ärzte angemessene Berücksichtigung finden“, so das Mitglied des Bundestages. Interessant auch die Wertung des derzeitigen Gesundheitssystems aus der Sicht des Linken-Politikers: „Es ist seit geraumer Zeit eher von Flickschusterei als von echten Reformen gekennzeichnet.“ Erheblichen Bedarf sieht Gysi hier in der Stärkung der flächendeckenden Ärzte- und Zahnärzteversorgung auf dem Lande, die er mit einem Bonus-Malus-System sowie einem umfassenden Bürokratieabbau erreichen möchte. Das Mitglied des Bundesstages stellte klar, dass wir uns in Zeiten des Umbruchs befinden und neue Gestaltungselemente erforderlich sind. „Die Wirtschaft ist hier viel weiter als die Politik. Heute ist durch Globalisierung und Digitalisierung eine weltweite Vergleichbarkeit der Lebensbedingungen und Lebenssteuerungen möglich – und diese Tatsache wird von der Politik missachtet“, ergänzte Gysi in seinen Ausführungen. Bereits die Verpflichtung des Referenten aus der Politik hatte im Vorfeld für einiges Aufsehen gesorgt – denn Dr. Gregor Gysi ergriff das Mikrofon. „Was erwarten Sie von diesem Referenten außer der Bürgerversicherung?“, so lautete z.B. der Text einer spontan versandten E-Mail eines langjährigen DGZI-Mitglieds – nach Erhalt des Programmheftes im Vorfeld. Und in der Tat – viele Positionen zwischen denen des prominenten Linken-Politikers und denen der DGZI-Verantwortlichen unterscheiden sich diametral – „Mir ist bewusst, dass ich hier kein Heimspiel habe“, so Dr. Gysi. Es gab aber auch viele Übereinstimmungen, und dies in zentralen Themenbereichen. „Ein hohes Gut ist die freiberufliche Praxis und die freie Arztwahl, dies muss bewahrt werden und es müssen auch die Honorarfragen der Zahnärzte und Ärzte angemessene Berücksichtigung finden“, so das Mitglied des Bundestages. Interessant auch die Wertung des derzeitigen Gesundheitssystems aus der Sicht des Linken-Politikers: „Es ist seit geraumer Zeit eher von Flickschusterei als von echten Reformen gekennzeichnet.“ Erheblichen Bedarf sieht Gysi hier in der Stärkung der flächendeckenden Ärzte- und Zahnärzteversorgung auf dem Lande, die er mit einem Bonus-Malus-System sowie einem umfassenden Bürokratieabbau erreichen möchte. Das Mitglied des Bundesstages stellte klar, dass wir uns in Zeiten des Umbruchs befinden und neue Gestaltungselemente erforderlich sind. „Die Wirtschaft ist hier viel weiter als die Politik. Heute ist durch Globalisierung und Digitalisierung eine weltweite Vergleichbarkeit der Lebensbedingungen und Lebenssteuerungen möglich – und diese Tatsache wird von der Politik missachtet“, ergänzte Gysi in seinen Ausführungen.

„Wo geht die Reise hin?“ – dies war die Eingangsfrage von Professor Dr. Dr. Ralf Smeets (Hamburg), der über neue Biomaterialien im Hart- und Weichgewebsmanagement und über neue Implantatmaterialien und -oberflächen sprach. Immer noch aus kieferchirurgischem Munde ungewohnt – die neue Wertigkeit von Knochenersatzmaterialien. Doch stellte Smeets deutlich klar: „In der zahnärztlichen Chirurgie gewinnen Biomaterialien (xenogen, allogen und synthetisch) und Membranen als Alternative zum körpereigenen autologen Knochen zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig gibt es eine große Bandbreite an Materialien für das Weichgewebemanagement. Und – einige KEMs werden bereits patientenindividuell mittels CAD/CAM oder 3D-Druck gefertigt. Credo des hanseatischen Referenten: Langfristige erfolgreiche Ergebnisse können in der Implantologie nur über ein Gesamtkonzept erreicht werden, welches das Hart- und Weichgewebe, die Prothetik sowie patienten- und implantatspezifische Faktoren berücksichtigt. Auf seine Eingangsfrage „Wo geht die Reise hin?“ fasste der Hamburger Hochschullehrer zusammen: „Es wird immer digitaler, immer patientenindividueller und immer zarter im Vorgehen sowie immer mehr aus dem Drucker kommend!“

„Der Hype um die Stammzelltechnologie ist vorbei“, so Professor Dr. Werner Götz (Bonn), „heute konzentrieren wir uns auf adulte Stammzellen aus Zähnen und anderen Geweben der Mundhöhle. Diese einfach zu gewinnenden Zellen erweisen sich als ideale Ausgangszellen für experimentelle Regeneration u.a. auch von inneren Organen.“ Hoffnungsvoll auch das Statement des Bonner Hochschullehrers und Grundlagenforschers, dass man das Stadium der Grundlagen und präklinischen Forschung bereits weit verlassen habe und ausgedehnte klinische Studien laufen. Mit einem Blick auf den DGZI-Kongress wies Götz darauf hin, dass Stammzellen durchaus auch zu einer Verbesserung der Osseointegration von Implantaten, auch unter kompromittierten Bedingungen, beitragen können. Auch das Züchten von Zahnwurzeln oder ganzen Zähnen gelingt bereits in der Zellkultur, und solche einfachen Zahnanlagen sind dann replantierbar. Gegebenenfalls kann sich hieraus dann ein echter Zahn differenzieren.

Stabilität in unruhigen Zeiten? Ja sicher! Das bedeutet aber – aktiv werden!           

In der anschließenden Diskussion der drei Referenten wurde eines klar herausgearbeitet – ein „Weiter so!“ ist nicht möglich, wenn man nicht Gefahr laufen möchte, den Anschluss zu verlieren. Dies gilt für alle Bereiche der Zahnmedizin, besonders aber auch für den Teilbereich der oralen Implantologie, der immer schon sehr technikaffin und für politisch bedingte Störgrößen anfällig war. Dies gilt für jede(n) Einzelnen, aber die Diskutanten gingen weiter – wenn Deutschland, die deutsche Zahnmedizin und die deutsche Implantologie hier weiter als Beteiligte wahrgenommen werden möchten, dann gilt es, verstärkte Arbeit in den (Normungs-)Gremien zu leisten.

Live-Operationen

Mit diesem Eingangsblock waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gefordert, keine Frage. Die Kernbotschaft war klar und dennoch gilt: Grau ist alle Theorie!

An dieser Stelle setzte der zweite Konzeptionsansatz des ersten Zukunftskongresses der DGZI an, der direkten Umsetzung des eben definierten digitalen Workflows in die tägliche Praxis.

Eine Übertragung einer Live-Operation in den Tagungssaal mithilfe der faszinierenden Multi-Channel-Streaming-Technik ermöglichte es auch (ausländischen) DGZI-Mitgliedern, die nicht beim Kongress in München anwesend sein konnten, einen einmaligen Einblick in die Arbeit renommierter Kollegen zu erleben – und dies in HD-Qualität. Hier beschreitet die DGZI (erneut) Fortbildungsneuland.

Dr. Conrad Kühnöl überzeugte mit seiner übertragenen Behandlung zum Thema digitaler Workflow. Dem Zahnarzt, Zahntechniker und Absolventen des Studiengangs digitale Technik gelang es überzeugend darzustellen, dass sich der Ansatz der Minimalisierung nicht nur auf die chirurgischen Protokolle bezieht, sondern auch auf weitere Bereiche des digitalen Workflows, so zum Beispiel die digitale Abformung. Wichtig war Kühnöl die Feststellung, dass es nicht die „großen Fälle“ sind, um die es ihm ging, sondern um die alltäglichen Fälle aus der Praxis, wo die digitale Wertschöpfungskette dem Patienten höheren Komfort und den Praxen mehr wirtschaftliche Kapazitäten bringen würden. Sein Beitrag gestaltete sich der Titelsetzung entsprechend sehr praxisorientiert, die Gelassenheit und Routine bei Operateur und Mitarbeiterinnenteam zugleich belegte, dass das Praxisteam Kühnöl die rein digitale Vorgehensweise tatsächlich in das Alltagsprotokoll übernommen hat. Es konnten online und im Vortragssaal Fragen an den Referenten gerichtet werden, diese Option wurde rege genutzt.

Aus München, also mit klarem Heimspielvorteil, steuerte Prof. Dr. Dr. Florian Stelzle den zweiten Beitrag dieses Freitagvormittagblocks bei und stellte in seinem Live-Tutorial sein Konzept für „Feste dritte Zähne an einem Tag“ vor. Er hatte hierbei die sichere und langzeitstabile Anwendung dieses Verfahrens im Fokus. Mit der von ihm hervorragend dargestellten und erläuterten Vorgehensweise erläuterte Stelzle das operative Vorgehen step-by-step. Einem 82-jährigen Patienten mit nicht erhaltungswürdigem Restzahnbestand wurden vier Implantate im Unterkiefer inseriert und im direkten Anschluss an die Implantation mit einer festsitzenden Brücke versorgt.

Table Clinics

Ein ungewohnter Anblick – statt der üblichen auf die Bühne ausgerichteten parlamentarischen Bestuhlung standen nun Rund-Tische zur Verfügung – ganz im Sinne einer Bankettbestuhlung! An diesen fanden in drei Staffeln Tischdemonstrationen zu unterschiedlichsten Spezialthemen der Implantologie mit Referenten der ausstellenden Firmen statt. Die anschließenden Diskussionen und der Austausch erwiesen sich als sehr Erkenntnis bringend. Ein neues Format, welches erneut auf hohe Akzeptanz sowohl der Kongressteilnehmer als auch der Dentalaussteller stieß.

Ein weiteres Highlight – die Digitale Poster-Präsentation (DPP)

Die DPP fand an beiden Kongresstagen mit Poster Presentern in der DPP Lounge im Ausstellungsbereich direkt vor dem Tagungssaal statt. Alle Poster konnten auch online über mobile Geräte abgerufen werden. Die DPP ist internetbasiert und interaktiv. Aus den eingereichten Postern wurden die Preisträger durch die DGZI-Vize, Frau Dr. Arzu Tuna, gekürt, die ersten drei Preise wurden im Rahmen des Samstagvormittag-Programms verliehen.

Der zweite Kongresstag – der „Wissenschaftstag“

Nachdem der erste Kongresstag vorwiegend praktisch ausgerichtet war, standen am zweiten Kongresstag speziell die wissenschaftlichen Aspekte im Mittelpunkt. Ausgehend von einer Bestandsaufnahme zu aktuellen Trends ging es aber auch hier verstärkt um die Frage: „Wie wird die Implantologie der Zukunft aussehen?“. Renommierte Referenten aus dem In- und Ausland, von Universitäten und aus der Praxis stellten neuste Trends und Visionen sowie deren einhergehende Relevanz für die Praxis vor. 

Das Samstagsprogramm des 49. Internationalen Jahreskongresses der DGZI bot somit wissenschaftliche Überblicksvorträge zu allen relevanten Bereichen der oralen Implantologie, wie digitale Implantologie/Prothetik, Knochen und Gewebe sowie Materialien und Design.

Die DGZI-Kongressmacher verfolgten hier erneut das Ziel, dass es bei diesen Vorträgen vorrangig darum gehen sollte, darzustellen, was sein wird – um die Entwicklungsrichtungen und Visionen – und nicht um Case Reports oder Vorstellung einzelner Studien. Dabei zogen drei Themenblöcke das Auditorium in den Bann.

Podium 1  

Den Auftakt zum Samstagmorgen-Programm steuerte Professor Dr. Hans V. Behrbohm bei, der sagte: „I have a dream last night: HNO und Implantologie – wo die Reise hingehen könnte.“ Der Traum, ja besser die Vision des Facharztes für HNO ist klar definiert – wer plant, Implantate im Oberkieferseitenzahngebiet zu setzen, der sollte auch derjenige sein, der im Falle eines Verdachts auch die Kieferhöhle des betroffenen Patienten inspiziert – „das sollte alles in einer Hand sein“, so Professor Behrbohm. Die üblichen HNO-Endoskop-Zugänge indes stellen sich hier für implantologische Fragestellungen aufgrund toter Winkel als ungeeignet dar, der diesbezügliche Zugang sollte immer über die Fossa canina erfolgen. Behrbohm stellte hier auch ein speziell für zahnärztlich-kieferchirurgische Fragestellungen entwickeltes Endoskop-Set vor. 

Professor Dr. Thomas Weischer ging in seinem Beitrag „Implantatsofortinsertion bei apikaler Pathologie in Kombination mit GBR und APDT“ von der Einschätzung aus, dass es eine Tendenz zu schnellerer Insertion von Implantaten nach Extraktion gibt.

Er stellte hier eine sehr interessante Strategie vor, sein Prozedere sieht vor:

a) Entfernung der apikalen Pathologie

b) Photodynamische Therapie mit ein- bis dreiminütiger Einwirkung des Sensitizers und zehnsekündiger Laserlichtapplikation pro Stelle

c) Implantatinsertion

Weischer konnte die gleichen Ergebnisse wie bei Patientenfällen ohne apikale Pathologie berichten. Voraussetzungen für dieses Vorgehen sind die Abwesenheit akuter Erkrankungen, eine gründliche Reinigung und das Erzielen einer Primärstabilität des Implantats.

Der Heidelberger Hochschullehrer Professor Dr. Peter Rammelsberg sprach über „Implantatprognose und Knochengewinn nach einem Sinuslift ohne Augmentationsmaterial“. Und in der Tat: Mit dem von ihm beschriebenen Prozedere, welches eine Modifikation der klassischen internen Sinuslift-OP darstellt, indem eine gezielte Fraktur des Kieferhöhlenbodens erfolgt, wird kein Knochenersatzmaterial eingebracht. Rammelsberg konnte erfreuliche Ergebnisse präsentieren – 92 Prozent Erfolg in zehn Jahren, das ist mit den Ergebnissen, die mit konventionellen Verfahren erzielt werden, sehr ähnlich. Frauen schnitten hier statistisch signifikant besser als Männer ab, es konnte mit diesem „augmentationsfreien“ Verfahren im Mittel 4–5 mm Knochen gewonnen werden.

Den Vorgaben eines Zukunftsprozesses wurde Priv.-Doz. Dr. Dr. Peer Kämmerer mit seinem Beitrag „Iatrogene elektrische mechanische Bioaktivierung des Knochenstoffwechsels“ mehr als gerecht, und er konnte in der Tat Faszinierendes präsentieren. Wiesen silanisierte und mit Schockwellen konfrontierte Implantate noch eher mäßige Ergebnisse im Labor- und Tierversuch auf, so kam der Durchbruch mit einem ganz anderen Denkansatz: Implantate, die mit 20–30 Hz elektrisch stimuliert werden, wiesen signifikant bessere knöcherne Ergebnisse auf – welch eine Idee, die nun in den Tierversuch und dann bei Bewährung in klinische Studien überführt wird.

Podium 2  

DGZI Past-Präsident Prof. Dr. Herbert Deppe stellte seine Ergebnisse einer Studie über „Periimplantäre Gesundheit in augmentiertem und distrahiertem Knochen“ vor.

Ist es bereits extrem schwierig, im ortsständigen Knochen eine nachhaltige periimplantäre Gesundheit zu erzielen, so ist dies beim „manipulierten Knochen“ (nach Augmentationen und Distraktionen) gegebenenfalls noch schwieriger. Der Münchener Hochschullehrer bewies das Gegenteil. Bezüglich der Korrektur vertikaler Defekte unter 3,7 mm weisen beide Verfahren eine ausgezeichnete Eignung auf. Periimplantäre Parameter, Überlebens- und Erfolgsraten der Implantate und die Funktionsdauer des Zahnersatzes sind in beiden Gruppen sehr ähnlich. Bei Stegkonstruktionen weisen beide Verfahren vergleichbare Ergebnisse bezüglich der periimplantären Gesundheit auf.

Lediglich vertikale Defekte über 3,7 mm bedingen weiterhin gewonnene autologe Knochenblöcke.

Prof. Dr. Dr. Adrian Kasaj sprach über „Weichgewebsmanagement um Zähne und Implantate – Eigengewebe oder Gewebeersatz?“. Der in Bern und Mainz ausgebildete Parodontologe und Hochschullehrer brach mit dem Dogma der unbedingten Vorteile des Eigengewebes, er wies vielmehr darauf hin, dass die aktuellen Gewebeersatzmaterialien erheblich an Bedeutung gewonnen haben. Bei fehlender Entnahmemorbidität weisen diese Materialien auch die Option der unbedingten Verfügbarkeit bei gleichzeitig vergleichbaren klinischen Ergebnissen auf.

Allerdings ist ein operatives Vorgehen zu wählen, welches sich sehr wesentlich von dem mit Eigenmaterial unterscheidet – „einen Forgiving-me-Effekt gibt es bei den Ersatzmaterialien nicht“, so Kasaj. Unbedingte Adaptation und strikt vollständige Bedeckung bei Einhalten einer verlängerten Einheilzeit sind Conditio sine qua non.

Zum Ende seiner Ausführungen noch ein Blick in die Zukunft: Eine Kombination aus Ersatzmaterialien beschichtet mit Schmelz-Matrix-Proteinen stellt einen hoffnungsvollen Ansatz für das Erzielen noch besserer Ergebnisse dar.

In idealer Ergänzung zu seinem Vorredner stellte Prof. Dr. Dr. Dr. Shahram Ghanaati seine Ergebnisse zur „Biologisierung des Knochen- und Weichgewebes in der Zahnmedizin“ vor.

„Ich muss nun in 25 Minuten Ergebnisse präsentieren, die in 20 Jahren Forschung gewonnen wurden“, dies das Eingangsstatement des Hochschullehrers. „Und da werden wir mit Situationen konfrontiert, die uns durchaus an die Grenzen bringen.“

Der atrophe Knochen mit einer dreidimensionalen Defektsituation, den es zu rekonstruieren gilt, stellt hier die wesentlichste Herausforderung dar. Als Conditio sine qua non definierte Ghanaati die Verwendung von Platzhaltern, er stellte hier ein entsprechendes Mash vor. Spannend ist sein Denkansatz zu Knochenaufbauten ohne Verwendung von Augmentationsmaterial. An dieser Stelle wurden die Ergebnisse zu PRF/PRP präsentiert. Die von ihm wesentlich mitentwickelte PRF­-Membran ist gut adaptierbar sowie sogar nähbar und stellt somit ein unterstützendes „intelligentes Biomaterial“ dar. Gerade bei der Vermeidung von Dehiszenzen, wie diese in der Augmentationschirurgie durchaus vorkommen, kann unter Verwendung und mit Unterstützung dieser PRF-Membran im Sinne eines „Open Healing GBR-Konzeptes“ zu einem wesentlich besseren Outcome führen.

Prof. Nicole B. Ahrweiler definierte einen in der zahnärztlich-implantologischen Praxis täglich erlebbaren Zwiespalt, sie sprach über „Implantate professionell managen – der Balanceakt zwischen gründlich und schonend“. Eigentlich sei es mit einer hochwertigen Implantatarbeit fast so wie mit einem hochwertigen Automobil, so Ahrweiler – „Wenn es halten soll, dann bedarf es regelmäßiger Inspektionen und Pflege“. Ob Kürrettage mit Titan- und Stahlküretten, ob Glycin Pulver-Strahl-Verfahren, ob Politur – Kollegin Ahrweiler stellte sämtliche etablierten mechanischen Verfahren in der Implantatpflege vor, ergänzt von chemischen und Laserverfahren zum Biofilmmanagement. „Die beste Vorsorge vor einem Periimplantitis-Tsunami ist eine gute häusliche und zahnärztliche Prävention.“

Podium 3 

Mit Dr. Karl Ulrich Volz ergriff ein Pionier der „weißen Implantate“ das Mikrofon. Er sprach über „Zirkondioxidimplantate und Osteogenese: Neue Möglichkeiten mit einem osteokonduktiven und Attachment favorisierenden Material“. Mit der Erfahrung von über 20.000 inserierten Keramikimplantaten ausgestattet, konnte der an der Bodenseeklinik tätige Implantologe gleich zu Beginn seines Vortrages über die Ergebnisse eines jüngst gefundenen Expertenkonsens berichten, welche für Zirkonoxidimplantate (im Vergleich zu Titanimplantaten) beim Hartgewebe keinen signifikanten Unterschied aufweisen, aber beim Weichgewebe erhebliche Vorteile bringen. Auch die Erfolgsquoten mit 90,3 Prozent bei Sofortimplantationen und 97,3 Prozent bei Spätimplantaten sind mit denen von Titanimplantaten vergleichbar. Großen Wert legte Dr. Volz auf die Würdigung von Healing Chambers, synonym auch Stammzellenlakunen genannt, die durch eine überextendierte Aufbereitung entstehen (die Primärstabilität des Implantates entsteht ausschließlich im unteren „apikalen“ Bereich) und zu einer deutlich schnelleren und besseren Knochenheilung sowie die Entstehung des höherwertigen de novo bones führen.

Ist tatsächlich immer eine Augmentation mit mehr oder weniger ausgeprägter Patientenmorbidität erforderlich? Prof. Dr. Mauro Marincola verneinte diese Frage.

Er sprach über „Kurze Implantate vs. Augmentation – implantologische Konzepte bei stark reduziertem Angebot“. Schließlich sei er der „Lange (Professor), der über Kurze (Implantate) spricht“, wie Marincola gleich zu Beginn seiner Ausführungen anmerkte. In zahlreichen bewegten Bildern stellte der italienische Professor zahlreiche Fallbeispiele vor, und nicht nur das, er präsentierte auch sein chirurgisches Protokoll, welches sich durch Minimalisierung bezüglich Aufwand/Vorgehen und Materialbedarf auszeichnet.

Großes Aufsehen des Auditoriums erregte die Insertion von festsitzendem Zahnersatz – zwar mit verkürzter Zahnreihe, aber trotz der Verwendung von nur vier durchmesserreduzierten, sehr kurzen, aber auch rein interforaminär inserierten Implantaten. Wichtig sei hierbei die Verwendung eines elastischen Materials (faserverstärktes Kompositmaterial) für die Suprakonstruktion, welches stimulierende Effekte auf den Knochen leitet. 98,04 Prozent Erfolg nach drei Jahren – diese Ergebnisse für das von ihm favorisierte Konzept konnte Marincola am Ende seines Vortrages präsentieren.

Im Grunde genommen stieß Prof. Dr. Dritan Turhani in das gleiche Horn, denn er hinterfragte ebenfalls: „Augmentation um jeden Preis?“. Der an der österreichischen Privatuniversität Krems als Leiter der Kieferchirurgie tätige Implantologe sieht vor allem im Sinus eine hervorragende Option zur Vermeidung einer Augmentation und dennoch zur Implantation. Auch der Verwendung allogener Materialien misst der österreichische Hochschullehrer hohe Wertigkeit zu. Credo des österreichischen Referenten: Der Knochenerhalt hat oberste Priorität.

Dr. Alexandra Stähli – in Vertretung von Prof. Dr. Anton Sculean – stellte die Ergebnisse der Berner Gruppe zur „Korrektur von Weichgewebsdefekten am Zahn und Implantat: Möglichkeit und Grenzen“ vor. Standen im ersten Teil des Vortrages äthiologische Faktoren, die zur Entstehung von Rezessionen führen, im Vordergrund der Ausführungen Stählis, wandte sich die eidgenössische diplomierte Zahnärztin anschließend den Rezessionen an Implantaten zu. Hier steht vor allem die entzündliche Genese an erster Stelle der verursachenden Faktoren, so Stähli. Aber auch das Fehlen keratinisierter Mukosa kann die Plaqueanlagerung begünstigen und anschließend zur Ausbildung von Rezessionen führen. Für Abhilfe kann hier eine ganze Reihe von chirurgischen Interventionen sorgen. Stähli stellte unter anderem – mit hervorragend dokumentierten Fallbeispielen garniert – die Tunneltechnik und Bindegewebscrafts vor. Schwieriger indes gestaltet sich das Vorgehen bei der Deckung von Rezessionen an Implantaten, „Nicht alles, was am Zahn funktioniert, funktioniert auch am Implantat“, erklärt Stähli. Besonders bei fortgeschrittenen Fällen ist hier eine unterstützende GBR-Technik erforderlich.

2. Zukunftskongress Implantologie – ein kurzes Fazit

Mit dem Münchener Kongress konnten die Kongressteilnehmerinnen und  -teilnehmer in der Tat ein herausragendes und innovatives Fortbildungsereignis erleben.

Aber nicht nur das: Aus verschiedenen Blickwinkeln von Wissenschaft, Praxis, Politik und Industrie wurde eine neue Ebene der Interaktion erreicht. Mit dem Versuch, der dringenden Frage nachzugehen, wie die Implantologie in fünf oder vielleicht zehn Jahren aussehen wird und wie dann die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sein werden, wurde seitens der DGZI Neuland beschritten. „Wir sind sehr froh, dass wir diesen Weg beschritten haben!“, so DGZI-Präsident Dr. Bach.

Als Fazit des zweiten Zukunftskongresses kann festgestellt werden, dass es im Hinblick auf die implantologische Praxis der Zukunft neben wissenschaftlichen und technologischen Gesichtspunkten vor allem um strategische Fragen und deren Beantwortung geht. Die DGZI wird an diesem Thema eng dranbleiben und so ihre Bedeutung und Anziehungskraft, auch im Hinblick auf den im kommenden Jahr 2020 bevorstehenden 50. Jahrestag ihrer Gründung, einmal mehr unter Beweis stellen.

Am 6. und 7. November 2020 findet der 3. Zukunftskongress erneut mit spannenden Themen in der Hansestadt Bremen, in der die DGZI 1970 gegründet wurde, statt.

Kontakt

Dr. Georg Bach

Fachzahnarzt für Oralchirurgie

Rathausgasse 36

79098 Freiburg im Breisgau

doc.bach@t-online.de

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52. Internationaler Jahreskongress der DGZI
52. Internationaler Jahreskongress der DGZI